„Ohne Jochen gäbe es den gesamten Motorsport in dieser Intensität nicht. Das verdanken wir alles Jochen.“ Mit diesen Worten beschreibt Helmut Marko seinen Jugendfreund dieser Tage bei der Eröffnung der neuen Jochen-Rindt-Straßenbahn in Graz treffend. Heute jährt sich der Todestag des „James Dean der Formel 1“ zum 50. Mal.
Ohne Rindt hätte es keinen Lauda und keinen Ring in Zeltweg (eigentlich Spielberg) gegeben, erzählt man sich in Österreich. Wohl hätte Heinz Prüller heute auch keinen Legendenstatus als Kultreporter, denn mit dem Motorsport-Hype der späten 1960er-Jahre begann auch der Österreichische Rundfunk mit regelmäßigen Übertragungen der Rennen.
Im ORF bekam Rindt schon bald seine eigene Sendung und er verstand das neue Massenmedium gekonnt zur Vermarktung seiner selbst einzusetzen. Bald schon war er in den Wohnzimmern von Herr und Frau Österreicher präsent. Die Bilder prägten sein Image als wilder Hund.
Meine Mutter erzählt heute noch die Anekdote, als der Nachbar in Zeltweg an jenem Septembertag von der anderen Straßenseite aus dem Fenster schrie: „Der Rindt ist tot! Der Rindt ist tot!“ Jene Familie hatte zu jener Zeit als einzige einen Fernseher.
Österreichs „Mann auf dem Mond“, wie ihn sein Freund Prüller einmal nannte – obgleich er eigentlich Deutscher war – er war nicht mehr. Im Trainingslauf in Monza fuhr er mit dem Lotus 72 in der Parabolica in den Tod. Es war eben ein Pakt mit dem Teufel, den Rindt mit Lotus-Konstrukteur Colin Chapman einging.
Sein letztes Formel-1-Rennen bestritt Rindt Wochen davor ausgerechnet in Österreich. Er zierte als Nationalheld, der auf dem Weg zum ersten Weltmeistertitel für die Alpenrepublik war, das Programmheft des Grand Prix in der Steiermark. Reporterlegende Helmut Zwickl titelte: „Wird er Weltmeister?“
"Bei Lotus kann ich Weltmeister werden, aber es kann auch passieren, dass ich eine Brez'n reiß"
- Jochen Rindt (zitiert nach Heinz Prüller)
Fast wie eine Drohung liest sich der Text 50 Jahre später: „Wenn Rindt das Glück weiter so hold ist, wie ihm in den letzten Jahren das Pech auf den Fersen war, sollte er den Titel an Land ziehen.“ Und: „Colin Chapman stellt alle Weichen auf Sieg, wie in alten Zeiten mit Jimmy Clark.“
Der Brite starb zwei Jahre vor Rindt auf dem Hockenheimring – ebenfalls in einem Lotus. Zwickl beantwortet die Frage am Ende des Textes im Programmheft übrigens mit den Worten: „Erst wenn in Mexiko die Flagge fällt, ist die WM zu Ende.“
Dann allerdings sollte Rindt nicht mehr am Leben sein, und die Weltmeisterschaft 1970 bereits entschieden sein. Dank seines großen WM-Vorsprungs, fünf Siegen in den ersten acht Rennen und dem Debüterfolg eines jungen Fittipaldi krönte sich der Ausnahmekönner posthum zum Weltmeister.
Mit Bleistift hat Rindt, wie im Falter-Porträt festgehalten ist, zart das Wort „Paris“ mit Fragezeichen in seinen Kalender gekritzelt – am 12. Dezember 1970. Bei der dortigen FIA-Preisverleihung musste Witwe Nina Rindt seinen Weltmeisterpokal entgegennehmen.
50 Jahre nach dem tragischen Tod des Helden aller Österreicherinnen und Österreicher erinnert seine Heimatstadt Graz an den Rennfahrer. Ein Platz im neuen Ortsteil wird nach Jochen Rindt benannt, eine Straßenbahn ebenso, und im Mai 2021 wird es eine neue Ausstellung über den ersten österreichischen Formel-1-Weltmeister zu sehen geben. Denn: Jochen Rindt lebt!